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Rettungsnetz für die
Wildkatze
Ein Projekt des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
e.V. (BUND)
Die einst flächendeckenden Wälder unserer Heimat sind heute
durch Landwirtschaft, Siedlungen und Straßen voneinander getrennt.
Für strikte Waldbewohner wie die bedrohte Wildkatze sind sie verstreut
wie Inseln im Meer. Die verliebenden Lebensräume sind zu klein,
um das Überleben der Wildkatze zu sichern. Grüne Korridore
können ihnen neue Gebiete erschließen und den Austausch zwischen
bisher isolierten Regionen ermöglichen. Die Wälder Deutschlands
miteinander zu verbinden und ein Netzwerk zu knüpfen zwischen den
letzten Lebensräumen der Wildkatze und anderer Waldbewohner, insgesamt
20.000 km aus Büschen und Bäumen. Das ist das ehrgeizige Ziel
des BUND Projekts „Ein Rettungsnetz für die Wildkatze“.
Dem wohl größten Naturschutzprojekt Mitteleuropas.

Wildkatzen – ihr Aussehen und ihre Lebensweise
Wildkatzen leben zurückgezogen, versteckt, meist schlafen sie tagsüber
und jagen nachts. Kaum jemand bekommt sie zu Gesicht. Aber sie sind da.
In unseren Wäldern gibt es sie noch: die Europäischen Wildkatzen.
Nein, Wildkatzen sind keine davongelaufenen Hauskatzen. Es handelt sich
um eine eigene Art, ihr wissenschaftlicher Name: Felis silvestris. Sie
wirken kräftiger und sind viel wilder als unsere Stubentiger. Und
sie durchstreiften schon die Wälder Europas, lange bevor die Römer
die ersten Hauskatzen mit über die Alpen brachten.
Wildkatzen sehen einer wildfarbenen Hauskatze ähnlich, haben aber
einen buschigeren Schwanz mit dunklen Ringen und stumpfem, schwarzen
Ende. Die Fellzeichnung ist nicht kontrastreich, sondern verwaschen.
Besonders im Winterfell wirken sie gedrungen und kräftiger als Hauskatzen.
Sie ernähren sich in Mitteleuropa vor allem von Mäusen, seltener
und je nach Angebot vom Kaninchen, Eidechsen, Fröschen, Insekten
und Kleinvögeln.
Als reine Waldbewohner werden Wildkatzen auch oft Waldkatzen genannt.
Auf der Suche nach Beute streifen sie bevorzugt an den inneren und äußeren
Grenzlinien des Waldes umher. Kleine helle Lichtungen, im Wald verborgene
Wiesen und ruhige, heckenreiche Säume am Waldrand sind die Lieblingsplätze
der Wildkatzen. Je vielfältiger der Wald an inneren Strukturen,
desto tiefer dringen sie in ihn ein. Und umgekehrt: Wo Gebüsche
und Hecken ihnen Deckung bieten, wagen sich Wildkatzen aus dem Wald heraus.
Bedrohung und Schutz
Es ist nicht lange her, da lebten Wildkatzen fast überall in Europa.
Heute sind sie an vielen Orten ihrer ursprünglichen Heimat verschwunden
oder wie in Deutschland vom Aussterben bedroht. Die einst flächendeckend
verbreiteten Wälder nehmen heute nur noch ca. 30% der Landesfläche
in Deutschland ein. Zudem besteht diese Fläche oft aus wirtschaftlich
genutztem und strukturarmem Forst. Ursprüngliche Buchenmischwälder
sind selten geworden.
Die Besiedlung neuer Lebensräume ist der Wildkatze unmöglich,
weil sie keine Pfote in ausgeräumte Landschaften setzt. Immer intensivere
Nutzung der Landschaft durch Verkehr, Siedlungsgebiete und Landwirtschaft
haben Waldarten wie die Wildkatze auf wenige Restlebensräume zurück
gedrängt. Diese Rückzugsgebiete sind in sich zerstückelt
und voneinander getrennt. Auch andere Tiere des Waldes wie Dachse, Baummarder
und überraschenderweise sogar viele Vogel- und Fledermausarten sind
auf Deckung angewiesen und meiden die Überquerung freier Felder
und besiedelter Gebiete.
Je kleiner die Population einer Art, desto größer die Gefahr,
dass diese durch Inzucht oder Krankheit ausgelöscht wird. Ohne die
Vernetzung ihrer Lebensräume, die die Ausbreitung und den genetischen
Austausch zwischen Populationen ermöglicht, haben Wildkatze und
andere Waldbewohner auf Dauer keine Überlebenschance. Wildkatzenforscher
schätzen, dass nur noch 3000 - 5000 dieser kleinen Tiger durch die
heimischen Wälder streifen.
Um das Überleben der Wildkatze zu sichern, bedarf es eines Netzes
von Korridoren, welches die Waldlebensräume wieder verbindet. In
den Spuren der Wildkatze können dann auch viele andere Tiere in
der vom Menschen geprägten Landschaft wieder ihren Platz finden.
Das Schicksal der Wildkatze steht damit stellvertretend für das
Schicksal vieler bedrohter Arten. Daher wird die Wildkatze im Naturschutz
als „Zielart“ bezeichnet.

Das „Rettungsnetz für die Wildkatze“ - Ein Pilotprojekt
in Thüringen …
Um das Überleben der kleinen Tiger in unserer Landschaft zu sichern,
arbeitet der BUND seit Juli 2004 am „Rettungsnetz für die
Wildkatze“. Die Vision: die deutschlandweite Vernetzung von Wildkatzenwäldern.
Begonnen wurde zunächst mit einem Pilotprojekt in Thüringen.
Der Nationalpark Hainich – einer der ursprünglichsten Wälder
Deutschlands – soll mit dem 20 Kilometer entfernten Naturpark Thüringer
Wald verbunden werden. Beide Wälder sind ideale Lebensräume – doch
zurzeit leben nur im Hainich Wildkatzen in größerer Zahl.
Der Thüringer Wald ist für sie unerreichbar. Noch!
Nach intensiver Vorbereitung wurden im Herbst 2007 die ersten 20.000
Bäume und Büsche für einen Grünen Korridor – eine
Verbindung der beiden Wälder – gepflanzt. Bis es soweit war,
haben Mitarbeiter und Ehrenamtliche des BUND über mehrere Jahre
die Wildkatzen des Hainich erforscht, den idealen Verlauf des Korridors
bestimmt, mit Landbesitzern und Behörden verhandelt und Finanzierungsmodelle
entwickelt.
Dabei zeigte sich neben der Vernetzung der Wälder die zweite Bedeutung
des Wortes Rettungsnetz: Nur wenn Politik, Behörden, Verbände,
Landeigentümer und andere Beteiligte zusammenarbeiten, ist die Rettung
der Wildkatze möglich. Dem BUND in Thüringen ist es gelungen,
diesen Dialog anzustoßen und zu leiten. Ein Beispiel, das Schule
macht.
…und darüber hinaus - Der Wildkatzenwegeplan
Mit der Verbindung des Hainichs mit dem Thüringer Wald wird ein
wichtiger erster Schritt gemacht. Um das Überleben der Wildkatze
dauerhaft zu sichern, ist wesentlich mehr nötig. Der BUND hat daher
2007 einen Wildkatzenwegeplan vorgestellt. Er zeigt, wie die bisherigen
Lebensräume der Wildkatze untereinander und mit Wäldern verbunden
werden können, die als Lebensraum geeignet sind – deutschlandweit
und über die Landesgrenzen hinaus.
Zählt man bestehende Wälder und zu schaffende Korridore zusammen,
soll allein national ein Netzwerk aus Wald, Bäumen und Büschen
von über 20.000 Kilometern entstehen. Das größte Naturschutzprojekt
Mitteleuropas. Eine Aufgabe, die viele Jahre dauern und viel Arbeit und
Geld kosten wird.
Dieses Ziel ist leichter erreichbar, wenn es gelingt, lokale Naturschutzplanungen
einzubinden. In Einzelfällen können dies auch gesetzlich vorgeschriebene „Ausgleichsmaßnehmen“ sein.
So kommt in Thüringen die für die Verlegung der Autobahn A4
bei Eisenach zuständige Straßenbaugesellschaft für einen
großen Teil der Korridor-Pflanzungen auf.
Der Wildkatzenwegeplan gibt Verantwortlichen in Ländern und Kommunen
die Möglichkeit, ihre Planungen in eine sinnvolle und abgestimmte
Strategie zu integrieren. Neben den Vorbereitungen wird es wichtige Aufgabe
des BUND bleiben, die Behörden an diese Möglichkeiten zu „erinnern“,
die Prozesse zu begleiten und fachlich zu führen. In vielen Fällen
werden zudem eigene Pflanzungen und Flächenkäufe nötig
sein, um Korridore zu ermöglichen.
Kontakt:
Mark Hörstermann
Kommunikation Naturschutzprojekte des BUND
Fon: 0 30 / 27 58 64-75
Email: mark.hoerstermann@bund.net
Nicola Uhde
Mitarbeiterin Kommunikation Naturschutzprojekte
Fon: 0 30 / 27 58 64-75
Email: nicola.uhde@bund.net
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Bundesgeschäftsstelle
Am Köllnischen Park 1
10179 Berlin
Fon: 0 30 / 27 58 64-0
Fax: 0 30 / 27 58 64-40
Das Rettungsnetz für die Wildkatze: www.bund.net/wildkatze
Die Erde braucht Freunde: www.bund.net
www.umweltdebatte.de
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