Kontroverse um Großflughafen Schönefeld diskutiert


PDS Brandenburg tagte zur Verkehrspolitik in Potsdam


Marko Ferst

Schwerpunkt der Fachtagung am 25.1.2003 sollte die Debatte um unterschiedliche Positionen zum Großflughafen Schönefeld werden. Ein Antrag von zahlreichen PDS-Verbänden und Bürgermeistern um Schönefeld herum auf der letzten Tagung des 7. Parteitag der PDS Mitte November insistierte darauf, alle drei innerstädtischen Flughäfen zu schließen und nach Standortalternativen gemäß den Auflagen des Oberverwaltungsgerichts Frankfurt/Oder zu suchen. Gleichermaßen auf der Tagesordnung stand, wie man zu einer nach-haltigen Verkehrspolitik kommen könne.
Anita Tack, verkehrspolitische Sprecherin der PDS in Brandenburg, sprach in ihrem Beitrag u.a. darüber, im Land gäbe es die höchsten Unfallzahlen, alle zwei Stunden ereigne sich ein Crash. Sie kritisierte die jüngst angekündigten Fahrpreiserhöhungen im Berlin-Brandenburger Nahverkehr und forderte Kostenwahrheit zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern herzustellen. Das Elbehochwasser sei von der Potsdamer Regierung längst wieder vergessen worden. Gestoppt werden sollte der Ausbau der Havel. Der Aspekt Klimaschutz komme in der Verkehrspolitik noch immer nicht vor.
Helmuth Markov, PDS Europaabgeordneter, erläuterte an vielen Daten die europäische Perspektive von Verkehrspolitik. Allein durch Staus bedingt würden in der EU 6% der CO2-Emissionen im Individualverkehr entstehen. Der Güterverkehr auf der Schiene müsse effizienter strukturiert werden. In Ostdeutschland wurde seit der Wende, das Schienennetz von 14.000 auf 7.000 Kilometer Länge gekappt. Die EU erhöhte kürzlich die Zuschüsse von 10 auf 20% Finanzanteil, damit noch bestehende Regionalstrecken weiter von den Ländern betrieben werden können.
Als letzter Redner sprach Herbert Burmeister, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft und PDS-Bürgermeister von Schulzendorf. Er verwies darauf, 133.000 Einwendungen wurden gegen den Großflughafen Schönefeld eingebracht mit über 4.000 Einzelargumenten. Die PDS dürfe sich nicht im Wolkenkuckucksheim bewegen, hier soll ein Flughafen gebaut werden, der mindestens 20 Millionen Passagiere pro Jahr abfertigen soll. Die Partei solle nicht zurückfallen hinter den Beschluß des Frankfurter Oberverwaltungsgerichts, der aussagt, es wurde keine Abwägung der Standorte vorgenommen. Die Brandenburger PDS-Fraktion unternahm zwar, viel um Filz und politische Willkür durch die SPD, CDU und Flughafenakteure aufzudenken. Nötig ist aber auch öffentlicher Druck der Partei, der den Regierenden keine andere Wahl läßt, als die berechtigten Interessen der Bürger ernst zu nehmen.
Erwartet worden war auch ein Beitrag von Jutta Matuschek aus der Berliner PDS-Fraktion, doch sie kam krankheitsbedingt nicht. Aus Sicht der Brandenburger Fraktion ist der Konsensbeschluß zum Flughafenstandort von 1996 verfassungswidrig, weil er sich in der Standortfrage über das Beteiligungsrecht der Bürger und Gemeinden hinweggesetzt hat. In Berlin ist dieser verfassungswidrige Beschluß Grundlage im rot-roten Koalitionsvertrag. Die Berliner PDS möchte einen leistungsfähigen Flughafen in Schönefeld. Ernsthafter Widerstand gegen einen Flughafen mit 20 Millionen Passagieren im Jahr in Schönefeld ist von dort wohl kaum zu erwarten.
Der Grundkonflikt beim Flughafenproblem in Brandenburg selbst ist, daß in der PDS-Fraktion man die Meinung vertritt, man könne die Flughäfen Tegel und Tempelhof mittel-fristig schließen und allen Verkehr durch einen moderaten Ausbau von Schönefeld abfangen. Sinkende Fluggastzahlen könnten durch die Einführung einer Kerosinsteuer und die Erhebung von Mehrwertsteuern im internationalen Flugverkehr befördert werden, wie Anita Tack erwähnte. Passagiere sollten von Inlandflügen auf die Bahn umsteigen.
Nur in Schönefeld werden derzeit etwa gut 1,6 Millionen Fluggäste abgefertigt im Jahr, insgesamt in Berlin 12,5 Millionen. Wird aller Verkehr in Schönefeld konzentriert, ist der Großflughafen unvermeidlich. Die Bürger bekommen den schwarzen Peter. Helmuth Markov wies darauf hin, daß die derzeitige Flaute im Flugverkehr durch den 11. September und die wirtschaftliche Schwäche nur vorübergehend ist. Zwischen 1990 und 2000 stiegen die Passagierzahlen in Berlin um fast 5 Millionen. Ein Großflughafen Schönefeld würde wirtschaftliche Synergieeffekte schaffen verbunden mit zusätzlichem Flugverkehr. Wer Tegel und Tempelhof schließen will, wird einen neuen Flughafenstandort brauchen, der, wie Herbert Burmeister ausführte, mit den geringsten Belastungen für Mensch und Natur verbunden ist. In vielen sachlichen Diskussionsbeiträgen wurde das Pro und Kontra erörtert. Am Ende zeichnete sich jedoch keine Lösung der Kontroverse ab.

Widerspruch 2/2003

Weitere Informationen: www.bvbb-ev.de

 

Zurück