Klare Botschaften


Marko Ferst. Politik und die Liebe


Von Arvid Zickuhr


Auf den Leser wartet subversive Lyrik in jeder Beziehung. Die deutsche Republik und ihre Verhältnisse stellt Marko Ferst auf den Prüfstand. Wieder beeindruckt er durch eine Vielzahl von Themen und Bezügen, die er durchdenkt. Die politischen Gedichte sind in der Überzahl, aber auch private Wahrnehmungen kommen nicht zu kurz. Marko Ferst geht in seinem Schreiben bohrenden Fragen auf den Grund. Er knüpft an die Friedsche Tradition gesellschaftskritischer Gedichte an, entwickelt aber seine ganz eigenen Stile. Dabei setzt er durchaus auf unterschiedliche Formen.
So nimmt er Hartz IV ins Kreuzverhör, geißelt die Ein-Euro-Jobs und berichtet von den Montagsdemonstrationen 2004. »Ein Gespenst geht um/ es schlingt sich um die Weltzeituhr/ die politische Obrigkeit lamentiert/ auch 1989 gab es plötzlich Leichtmatrosen/ das Volk will immer weniger/ aber noch können die Strippenzie- her ...« Der Autor lässt es sich nicht nehmen, auch nach Elementen für ein neues Gesellschaftssystem zu suchen. Ins Blickfeld geraten der Kreuzzug gegen den Terror und die blinden Flecken des Westens. Spott gilt den politischen Anpassungsleistungen der Grünen. Es finden sich auch zwei Gegenreden zu Gedichten von Günter Grass. Ferst wendet ein, dass im Vietnamkrieg wirkliche Menschenhaut verbrannt wurde und allzu leichtfertige Verse gegen den Kriegsprotest seiner Meinung nach nicht angebracht seien. – Klare Botschaften, doch er verschiebt immer wieder die Blickwinkel und Einstellungen. So entstehen ständig neue Räume und Stimmungen, die ungeahnte Sichten freilegen. Freilich gelingt ihm das nicht in jedem seiner Texte.
Der Band enthält auch Gedichte, die von unterschwelligen Aussagen bzw. Andeutungen leben. So heißt es in »Ohne Namen«: »Spiegel zeigen längst vergangene Zeiten/ die Wasser sind nicht unsere mehr/ Triumphe verlieren sich in Weiten/ Orte verlanden, bleiben nichts als leer.«
Im Band findet sich ein ganzer Abschnitt mit Liebesgedichten, die für sich genommen schon Leseanreiz bieten. Aspekte aufrichtiger Beziehung verbindet der Autor mit Erotischem. Zahlreiche Landschaftsgedichte, so über die Wolga und die tatarische Metropole Kasan, ergänzen das Repertoire.
Für sein Poem zur ökologischen Zivilisationskrise im aktuellen Band und mehrere Antikriegsgedichte aus seinem ersten Buch »Umstellt. Sich umstellen« erhielt Ferst 2006 einen deutsch-polnischen Literaturpreis. Das ökologische Thema ist im Band vielfach präsent: Ob es sich um das Schicksal des Aralsees handelt, die Folgen von Tschernobyl, die Tragödie von New Orleans oder die Holzmafia im Regenwald – der Autor macht sich zum Anwalt der Vergessenen.

Marko Ferst: Republik der Falschspieler. Gedichte. Edition Zeitsprung. 172 S., brosch., 11,60 EUR.

Neues Deutschland, 26.03.2009

 


 
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