Klimawandel im Bewußtsein

Öko-Ikone Maeva erobert im Roman die Herzen der Welt


Von Marko Ferst


Maeva ist die gewählte Präsidentin der Ökologischen Konförderation Polynesiens. Mehr noch, auf einer Tour durch viele Staaten der Welt versucht sie immer mehr Regionen und Länder für ein ökologisches Bündnis als Gegenpart zur handlungslahmen UNO zu gewinnen. Als sanfte Predigerin will sie einen globalen Bewußtseinswandel befördern, eine Erosion der alten Normen und Werte, genau jene, die den Kollaps der Zivilisation unvermeidbar nach sich ziehen. Dirk C. Fleck versucht mit seinem neuen Roman einmal mehr zu mahnen, die kommenden Klimaumbrüche, werden die heutigen Muster des Denkens und Handels radikal in Frage stellen. Aus dem Blickwinkel dieses literarischen Zukunftsszenarios, stehen wir als „Generation der Täter“ mit unserer Sucht nach Wohlstand und Wachstums auf der Anklagebank.
Maeva immerhin kann auf eine alternativ-ökologische Sozial- und Wirtschaftsordnung verweisen, wie sie in ihrer Heimat Tahiti bereits funktioniert. So gerät sie zur Hoffnungsträgerin für eine globale ökologische Kulturbewegung. Sie erfährt immer mehr Medienöffentlichkeit, legt sich an mit den führenden Öl- und Gentechnik-Konzernen und schafft sich dadurch mächtige Feinde bei ihrer globalen Mission. Einem Anschlag entgeht sie nur knapp.
Ihre weltumspannende Reise wird zum Spiegelbild einer Welt, wie sie fiktiv um das Jahr 2030 aussehen mag. Doch wir haben es eigentlich nicht mit einem Science-Fiction-Roman zu tun, sondern mit einer ernsten Bilanz und Hochrechnung unserer heutigen Situation. So bricht z.B. der Drei-Schluchten-Stausee in China und das 600 Kilometer lange Gewässer stürzt wie ein Riesen-Tsunami über das Land, vernichtet ganze Regionen. Neue riskante Atomkraftwerke und der Uranabbau in Südafrika münden in Massenprotesten und der Einsatz der Armee dagegen führt zu einem Massaker mit tausenden Toten. Mit Blick auf Frankreich, Polen, Rußland und Brasilien muß man in der Tat fürchten, dortige Politiker brauchen noch ein weiteres Fukushima vor Ort.
Im Roman wird geschildert wie viele Regionen in der Welt die ökologischen Ideen Tahitis übernehmen oder neue ausprobieren. Jene Passagen schildern keine Biotope für Ökologie light. So bereist Maeva auch das nachcastrosche Kuba. Dort ist um 2030 Ana Marina Sànchez Präsidentin des Karibikstaates. Mustergültig und erfolgreich versucht die gelernte Ökonomin aus den Erfahrungen des Südseeexperiments zu lernen. In seinem vorhergehenden Roman „Das Tahitiprojekt“ stellte Dirk C. Fleck diese neue sozialökologische Ordnung auf der großen Südseeinsel fiktional vor. Für dieses Werk erhielt der Autor 2009 den Deutschen Science-Fiction-Preis. Erfreulich zu hören, das der Ökoroman immerhin über 40.000 mal gekauft wurde.
Ganz anders sieht die Lage in Kalifonien und Oregon aus, die zusammen die Ökodiktatur „Ecoca“ bilden. Renitente Autofahrer, die von ihrem Gefährt nicht lassen können, dürfen zur Strafe die Abgase probeatmen. Die Medien sind gleichgeschaltet und früheren Konzernchefs droht in öffentlichen Schauprozessen die Todesstrafe. Kinder dürfen nur limitiert und mit Berechtigungsschein auf die Welt kommen. Das Reisen ist verboten. Immerhin wird Maeva von den Funktionären eingeladen. Trotz Risiko kritisiert sie in einer Rede, daß die Bürger zu willfährigen Befehlsempfängern hierzulande degradiert würden. Gute Absichten lassen sich nicht mit Repressionen erzwingen. Unrechtstaat bleibt Unrechtstaat. Schon 1994 hatte Fleck in seinem Roman „Go! Die Ökodiktatur“ literarisch experimentiert wie Deutschland in Folge von Klimaverwerfungen zu einem totalitären Regime mutiert. Fleck dürfte dabei sehr klar sein, seine literarischen Visionen könnten durch die zukünftigen zivilisatorischen Brüche im Kontext der ökologischen Weltkrise in der einen oder anderen Form ganz real werden. In Politik, Medien und Gesellschaft ist noch nicht durchgesickert, unsere heutige Schlitterpartie mit dem Klima in Kombination mit anderen großökologischen Zerstörungen kann ganz schnell da enden, wo James Lovelock diagnostiziert, es würden am Ende nur 0,5 bis eine Milliarde Menschen übrig bleiben nach diesen Einschlägen. Überall wo die Landwirtschaft wegbricht, ist die Auslöschung unvermeidlich, die gigantischen Ströme von vielen Millionen Klimaflüchtlingen wird keine Frontex-Agentur aufhalten können.
Präsidentin Maeva ist keine Liebhaberin plutokratischer Rezepte, sie will den ungezügelten Kapitalismus als Ersatzreligion ausgedient wissen. An den Börsen ginge es nicht darum die Realwirtschaft mit Geld zu versorgen, sondern sich auf Kosten der Allgemeinheit mit komplizierten Wetten gesundzustoßen. Wenn sich gigantischer Reichtum auf 10 % der Bevölkerung konzentriert, ist das sozialökologisch nicht zukunftsfähig. Schon gar nicht in Verhältnissen, wo auch über erheblichen materiellen Verzicht geredet werden muß.
Maevas Reisebegleiter und Organisatoren im Hintergrund Cording, Shark und Steve, sie tragen weite Teile der Handlung, sind von der spirituellen Weitsicht ihrer Vordenkerin kaum angesteckt und in ihrer Kommunikation sehr westlich-irdisch, etwas schnoddrig, sprich gewöhnungsbedürftig. Zweifelhafte Terrorgangs sind im Werk turbulent inszeniert. Da wird schon mal jener General umgebracht, der Klimaflüchtlinge verrecken ließ, von einer grünen RAF mit Lifeberichterstattung im Internetfernsehen. Politiker, die in Brandenburg oder anderswo neue Kohlekraftwerke bauen wollten, wären da garantiert auf Flecks schwarzer Roman-Liste. Sehr spannend, aber auch verstörend, ist der Schlußteil geschrieben. Was wird aus der Jeanne d’Arc der Ökologie Maeva? Wir verraten es an dieser Stelle nicht. Größere Verlage lehnten das Romanskipt übrigens ab. Die sanfte aber sehr radikale Maeva als „Ökokämpferin“ war nicht genehm, so Fleck.
Dirk C. Fleck: Maeva! Roman, Greifenverlag, 2011, 336 Seiten, 19,95 €
Leseprobe: http://www.maeva-roman.de/


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