Zitate aus "Logik der Rettung"

 

RUDOLF BAHRO

 

Das worauf es wirklich ankommt: wirkliche Begegnung mit anderen, Freundschaft und Liebe, Schönheit und Ordnung eines Milieus, Weisheit und Kultur im  Umgang mit Konflikten – all das hängt nur sehr bedingt von einem materiellen Standart ab, falls wir eine minimale Distanz zu unseren Gewohnheiten erlangen.

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Wahrhaft ökologische Politik geht den indirekten Weg, der in Wahrheit viel direkter ist, weil die Psyche die Quelle der sozialen Übel ist. Wir werden uns, wo immer wir uns dennoch für den Erhalt von irgendetwas einzelnem engagieren, stets bewußt bleiben, daß das Problem an dieser Stelle kenntlich und daher in gewissem Maß vermittelbar, aber für sich genommen nicht zu lösen ist.

 

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Macht überhaupt darf für eine ökologische Rettungspolitik nur „negativ“, nur zur Begrenzung  Verhinderung des überhand nehmenden Unheils eingesetzt werden. Positive Zwecke kann sie nicht setzen, höchstens subsidiär stützen. Keine noch so wohlmeinende Tyrannis, würde eine gute, heile Gesellschaft schaffen.

 

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Wir brauchen eine letzte Revision der Staatsidee, noch über die Marxsche Vision von der Herrschaft über Menschen zur Verwaltung von Sachen hinaus. Die allgemeine Emanzipation des Menschen wird nur dann zur Beendigung von Herrschaft führen, wenn sie auch eine allgemeine Emanzipation von der Selbstsucht, vom Habenmüssen  wird. Damit rückt eine Praxis Spiritueller Befreiung in den Mittelpunkt des sozialen Projekts.

 

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Die „freiheitliche  Demokratie könnte es verdammt nötig haben,  in der gegebenen  beschränkten, korrumpierten und durch Ausbeutung der ganzen Welt kompromitierten Form zu sterben, damit das in ihr gemeinte Prinzip wiedergeboren werden kann, jenseits der kapitalistischen Gesellschaft, in der sie - Macpherson hat es besonders schön gezeigt – eine Folge der auf schrankenlose Aneignung gerichteten Marktlogik  ist. Sie ist mindestens so verlarvt zur Welt gekommen wie mit der russischen Revolution der Kommunismus.

 

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Wenn das Machsyndrom vom patriarchalen Ego bis zu den modernen wissenschaftlich-industriellen Exzessen der innere Kern der ökologischen Krise ist, kann man nicht ausgerechnet  mit einer Verbeugung vor dem Gewaltmonopol des vorgefundenen Staates von der Diagonale des Verderbens herunterkommen.

 

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Die moderne Gesellschaft wird in einem Grade  vom Finanzkapital beherrscht, wie es die einflußreichsten Kaufleute und Finanziers vergangener Gesellschaften nie zu träumen wagten. Nur müssen wir diese Plutokratie, die fast den gesamten Lebensprozeß kolonisiert hat, als logische Endstation jenes Weges sehen, der mit dem Aufkommen der Warenproduktion und Geld begann und um so entschiedener eingeschlagen wurde, je individualistischer, konkurrenzorientierter schon die ursprüngliche Kulturbasis formiert war.

 

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Geschichte ist Psychodynamik. Die Logik der Selbstausrottung ist ein Gebrechen der menschlichen Seele. Unsere selbstmörderischen Mittel, unsere technischen und sozialen Strukturen sind ja nicht erster Natur. Beton ist nicht in dem Sinne „materiell“ wie Fels es ist. Es ist alles Kultur, von uns geschaffene zweite Natur, woran wir scheitern. Es ist das Unbewältigte  unserer menschlichen, unserer psychischen  Existenz.        

 

 

5.12.1998, ND, Org.

 

 

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