Die europäische Umweltpolitik im Europa der 25

 

Christian Hey

 

Für das erweiterte Europa stellt sich von neuem die große Frage, wie legitime und effektive Umweltpolitik möglich sein wird. Kann es eine Vision des europäischen Regierens zur Lösung der persistenten Umweltprobleme geben? Die hier vorgestellte Perspektive ist in dem Sinne konservativ, als sie dafür plädiert, sich bei der notwendigen Weiterentwicklung auf bewährte Mechanismen zu stützen. Sie ist aber radikal angesichts der Kräfte, die das bisherige Erfolgsmodell der europäischen Umweltpolitik in Frage stellen, ohne etwas Besseres anbieten zu können.
Verfehlt wäre eine Vision von Staatlichkeit in Europa, die versucht, sich einseitig auf eine der drei Säulen der Legitimation europäischer Entscheidungen stützen zu wollen. Jede dieser Säulen hat ihre spezifischen Grenzen. Gemeint ist die Vision einer europäischen parlamentarischen Demokratie, der Zwischenstaatlichkeit, wie sie in der offenen
Koordinationsmethode angelegt ist, oder einer europäischen Zivilgesellschaft: - Der föderalen europäischen parlamentarischen Demokratie fehlt noch die europäische Kommunikationsgemeinschaft und damit ein europäisches Solidargefühl, die Mehrheitsentscheidungen akzeptierbar machen lassen.
- Die zwischenstaatliche Koordination hat den Nachteil der indirekten Legitimation. Eine direkte Teilnahme gesellschaftlicher Akteure oder der Parlamente ist nicht möglich. Die mächtigen Akteure sind die Mitgliedstaaten mit ihren jeweiligen nationalen
Interessen.
- Die von der EU-Kommission vorgetragene Idee der zivilgesellschaftlichen
Steuerung bedeutet bei näherer Betrachtung nichts anderes als Politik durch Verbände, die von der europäischen Kommission moderiert werden. Dass bestimmte in Verbänden
organisierte Interessen besser organisiert sind als andere, ist weithin bekannt. Zudem macht eine Legitimation über Verbände die EU-Kommission zum „lonely hero“, der die absehbaren Konflikte schlichtet und Wertentscheidungen trifft (EEAC 2003).
Kurz, es bedarf einer Balance der drei Legitimationsformen der europäischen Staatlichkeit. Es kann nicht um die einseitige Auflösung zugunsten einer der drei Säulen gehen, sondern nur um die Frage, wie im europäischen Mehrebenensystem und durch die Kombination der drei Legitimationsformen die europäische umweltpolitische Hand-lungsfähigkeit in Zukunft gestärkt werden kann.
Was ich zeigen will, ist Folgendes: Auf die so genannte Gemeinschaftsmethode, das heißt den Entscheidungsmechanismus für die Formulierung des europäischen Umweltrechts, sollte auch in Zukunft gesetzt werden. Der Kern der Gemeinschaftsmethode ist die gemeinsame Rechtssetzung durch das Europäische Parlament und den Ministerrat
auf Vorschlag der Kommission. Diese Methode kombiniert parlamentarische, zwischenstaatliche und zivilgesellschaftliche Formen der Entscheidungsfindung. Doch gerade diese Methode ist in hohem Maße gefährdet. Ich möchte den Nachweis in drei Schritten führen:
Erstens: Es lässt sich zeigen, dass die Gemeinschaftsmethode erfolgreich war und dass es hierfür institutionelle Gründe gibt, die auch in einem Europa der 25 Bestand haben werden.
Zweitens: Eine effektive Umweltpolitik kann auf Staatlichkeit nicht verzichten. Auch dies läuft auf den notwendigen Einsatz der Gemeinschaftsmethode für zukünftige europäische Umweltpolitik hinaus.
Drittens: Wie auch schwerer zu lösende Umweltprobleme im erweiterten Europa mit Hilfe der Gemeinschaftsmethode angegangen werden können, soll anhand einiger Beispiele gezeigt werden. ( ... )

 

 

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