Raus aus der Flugzone

Im Protest gegen die Routen bringt Bürgerinitiative Wowereits Mammutbaum zum Rathaus

 

Von Marko Ferst

 

Vor einem Jahr pflanzte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit vier Mammutbäume im Freilandlabor Kaniswall in einem neu angelegten Urpflanzenhain. Dieser außerschulische „Grüne Lernort“ für Kinder und Jugendliche an der Südostgrenze Berlins wurde in dieser Woche Schauplatz einer Aktion der Bürgerinitiative „Gosener Wiesen“. Genau hierher soll nach dem Wunsch des Berliner Senats, die Startroute vom Müggelsee verschoben werden. Das größte Berliner Naturschutzgebiet wird aber bereits von den zwei parallelen Landerouten im Minutentakt verlärmt werden, immer bei Westwind, also an 65-70 Prozent der Tage im Jahr. Auf den Straßenplakaten und Buttons der BI prangt ein Fischadler, der hier heimisch ist.
Ein LKW mit Bagger half einen fast vier Meter hohen Mammutbaum unter reger Anteilnahme der Bevölkerung nach dem Ausgraben sorgfältig zu verladen, ein symbolischer Akt, denn die vier Bäumchen bleiben unangetastet. Freilich wie lange sie unter den abgelassen Kerosinwolken gedeihen, ist ungewiß. In Berlin-Müggelheim kennt man die Ölfilme auf Gartenteichen. Am 26. Oktober soll der Mammutbaum in einem Autokorso zum Roten Rathaus gebracht, dort abgeladen und dem Berliner Senat übergeben werden.
Besonders schwer betroffen wären von der neuen Route, für die sich Wowereit bei der Flugsicherung per Brief eingesetzt hat, Berlin-Karolienhof, der südliche Bereich der Stadt Erkner, Berlin-Müggelheim, Gosen, Neu-Zittau und Fangschleuse. Da die meisten Flugzeuge dann in einer weiten Kurve zurück nach Westen über Berliner Stadtgebiet abdrehen werden, trifft es in größerer Höhe Woltersdorf, Rüdersdorf und Schöneiche. Als Reaktion auf die medienwirksamen Müggelseeproteste, gründete sich bereits am 16. September die BI „Gosener Wiesen“. Mehr als 300 Bürger informierten sich, welche Konsequenzen die Verschiebung der Route hätte.
Thomas Schölzchen, einer der Sprecher der BI „Gosener Wiesen“ erläuterte bei der Baumaktion, die Region wird ganz erheblichen Fluglärm leiden und wir wollen nicht nach dem Sankt-Florian-Prinzip agieren. Es kann aber nicht sein, dass nun auch die Starts, die an 30-35% der Tage im Jahr Richtung Osten erfolgen vom Müggelsee in Brandenburger Gebiet verlagert werden. Ergänzend hilft auch ein Blick auf die Karte. Mit der Müggelseeroute wird zuerst Berlin-Karolinenhof entlastet, dann wird ein drei Kilometer breiter Waldkorridor zwischen Friedrichshagen und Rahnsdorf überflogen und erst in großer Höhe passieren die Flieger das Dorf Münchehofe.
Nikolaus Hermann, Chef vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung dämpfte bereits die Hoffnungen auf eine Verschiebung der Startroute vom Müggelsee weg. An dem Vorschlag der Deutschen Flugsicherung vom 4. Juli werde es allenfalls Detailänderungen geben, aber kein anderes Grundkonzept. Die Deutsche Flugsicherung will erreichen, dass nicht die gleichen Gemeinden durch An- und Abflüge belastet werden. Überdies müssen die international gültigen Sicherheitsabstände beim Start von Nord- und Südbahn beachtet werden, also mindestens um 15 Grad seitlich abknickende Routen. Erhalten bleiben dem Naturschutzgebiet 60 Starts am Tag von schweren Maschinen, die einen geringeren Steigwinkel haben und Propellerflugzeuge. Sie fliegen etwas weiter nördlich über Berlin-Hessenwinkel hinweg. Wie Naturschutz-, FFH-, und Vogelschutzgebiete mit Einflugschneisen kompatibel sein sollen, bleibt freilich das Geheimnis des Berliner Senats.

Kontakt und Karten: www.bi-gosener-wiesen.de

Neues Deutschland, 14.10.2011



 

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